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Vielschichtigkeit von Essensthemen

1. Familiäre Prägungen, Zugehörigkeit, Umfeld

 

Unter familiäre Prägungen fällt unglaublich viel und ich erhebe mit dem was ich beschreibe ganz bestimmt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. 

 

WIE wurde zuhause gegessen – zusammen, getrennt, vor dem Fernseher, hektisch, in Ruhe? War das Essen genau bemessen oder gab es immer mehr oder auch mal zu wenig? Gab es Witze über das Essverhalten von einzelnen Mitgliedern? Wurde dein Essverhalten (und in Verbindung damit dein Aussehen) kommentiert? Welche Assoziationen zum Essen haben sich gebildet? Das kann von Geborgenheit und Zusammenhalt über Streit oder Gleichgültigkeit zu allem nur denkbaren gehen. 

 

WAS wurde gegessen - war ein Geschmack, eine Konsistenz vorrangig? Wurde abwechslungsreich gekocht oder gab es meistens dasselbe? Wurden Essenswünsche erfüllt? Manche Geschmäcker oder Konsistenzen können auch nach Jahrzehnten noch die „Erste Hilfe“ sein, ob es uns bewusst oder unbewusst passiert.

 

ESSENSVERBINDUNGEN: Gab es ein Straf- und/oder Belohnungssystem in Verbindung mit Essen? Z.B. Ohne-Essen-ins-Bett als Strafe? Gab es fixe Regeln, wie das es nur dann eine Nachspeise gibt, wenn die Hauptspeise (auf)gegessen wurde? Gab es Reaktionen auf deine Essens- oder Nichtessensentscheidungen? War z.B. jemand beleidigt, wenn du nicht mehr essen wolltest oder etwas nicht probiert hast? Hat eine Bezugsperson geschimpft, dass sie sich so lange hingestellt hätte und du nun undankbar bist? Oder in die Gegenrichtung, dass du dir immer zu viel nehmen würdest?

 

WIEDERHOLUNGEN: Gab es immer wiederkehrende Aussagen über dich in Zusammenhang mit Essen: warst du z.B. immer die hagliche Esserin? Oder die komplizierte, „anstrengende“ Esserin? Hast du viel Lob dafür bekommen, wenn du diszipliniert warst? Oder eher dafür, wenn du deine Portionen immer aufgegessen hast?

 

Zusätzlich zu all dem können natürlich auch von unterschiedlichen Bezugspersonen völlig entgegengesetzte Reaktionen und Verhalten gekommen sein – was dann vollends verwirrt!

 

Du siehst, allein dieses erste Thema ist riesig! Und das ist nur ein kleiner Ausschnitt!


2. Essen als Hilfestellung

 

Essen bewertet nicht, Essen ist einfach da, Essen beleidigt und urteilt nicht. Sehr leicht kann das Gefühl entwickelt werden, dass Essen hilft – ob es sich um unangenehme Gefühle, Stress oder Situationen geht, die man gerne ausblenden oder runter drücken möchte. Essen kann sich wie eine*r Verbündete*r anfühlen. Wie die letzte Bastion. Es entstehen Automatismen, sodass schon vor dem Wahrnehmen was gerade Stress oder unangenehme Empfindungen macht, zum Essen gegriffen wird. Was zur Folge hat, dass wir uns für undiszipliniert halten und meistens nicht sehr liebevoll über uns selbst denken. Wir ärgern uns, dass wir es wieder nicht geschafft haben, zu „widerstehen“. Dabei hat das Essen hier eine Art Schutzfunktion übernommen, die langsam wieder abgebaut werden kann, wenn man lernt, anders mit Herausforderungen umzugehen!

 

Wenn wir nie gelernt haben, verschiedene Bedürfnisse wahrzunehmen, dann ist oft Essen das einzige was uns einfällt – wenn wir uns leer fühlen, unsere Seele leidet, dann ist Essen die einzige bekannte Strategie. Vor allem dann, wenn wir uns mit Nahrung auf anderen Ebenen schwertun oder das gar nicht kennen. Schüchternheit, Probleme wie z.b. Unsicherheit, wenig Selbst- und Urvertrauen, Ablehnung und Scham mit eigenen Körper, Hochsensibilität können auch dazu führen, dass wir unser Bedürfnis nach Nähe und Verbindung sogar als Gefahr empfinden können oder einfach nicht wissen, wie wir auf andere zugehen oder um etwas bitten könnten. Oder dass uns die Energie oder die Möglichkeiten fehlen, die tatsächlichen Bedürfnisse zu stillen (finanziell, örtlich,…)


3. Finanzielle Einflüsse

 

Das liebe Geld wird bei Essensthemen sehr oft außer Acht gelassen und sogar oft mit Motivationssprüchen versehen: „ah, du leistest dir nicht das „setze ein superteures In-Produkt deiner Wahl ein“ du bist es dir also nicht wert“, aber wenn das Geld knapp bemessen ist, ist das schon ein Stressfaktor für sich, der sich auch übers Essen niederschlagen kann, und da sind wir noch nicht mal dabei, dass Bio, unverpackt und Prädikat „gesund“ mit wenig(er) Geld in der Realität nicht zugänglich ist. Wenn man mit offenen Augen durch den Supermarkt geht, so gibt es definitiv einen „Gesundheitszuschlag“ (ich lehne die Einteilung in gesund und ungesund grundsätzlich ab, jedoch ist es eine gesellschaftlich anerkannte Einteilung und zieht sich daher auch preislich durch, das ist ein Fakt). Essen als variabler Bereich lädt halt auch zum Sparen ein – bei der Miete oder anderen Fixkosten ist meist kein Sparpotential mehr da und bei Essen ist die Bandbreite wirklich groß.


Bei all diesen Themen habe ich noch nicht mal Diäten oder Regeln gestreift, habe noch nichts darüber geschrieben, wie wir oft glauben, dass wir essen „sollen“ (also welches Essen für uns passend ist), über Verträglichkeiten, Übermaß an Auswahl und was das mit uns macht, der Wunsch nach Saisonalität und Regionalität, Werte die mit unserem Essen und Essverhalten kollidieren können und vielem mehr….

 

 

Wenn dein Essverhalten dich belastet und du dir die Hintergründe in der Tiefe anschauen möchtest, lerne mich gerne kennen, ob du einen Teil des Weges von mir begleitet werden möchtest! Hier findest du weitere Infos dazu!

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