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Die 3 größten Veränderungen seit dem Ende meiner Essstörung


1. freie Kapazitäten oder "Ein Leben, das nicht mehr von blinkenden Zahlen beherrscht wird"


Für mich war der schlimmste Moment des Tages direkt in der Früh. Das viereckige Kastl zum Leben erwecken, dann vorsichtig den rechten Fuß in voller Länge und Breite auf die rechte Seite stellen und dasselbe mit dem linken Fuß. Nicht, dass mein Ergebnis von einem schlechten Stand verzerrt wird! Dann das verhasste Blinken und ein kurzes Stoßgebet bevor das Blinken der finalen Zahl weicht. Die Zahl, die meine Stimmung bestimmt. Die Zahl, die bestimmt wieviel ich heute essen darf – oder sollte ich lieber sagen: wiewenig. Die Zahl, die mein Leben beherrscht. Die Zahl auf der Waage. 

 

Zoom auf heute, Jahre später: da wo ich wohne, gibt es keine Waage! Kein Blinken! Kein Gerät, das mir sagt, wie es mir heute gehen darf. Was es gibt: FREIE KAPAZITÄTEN! Mir war währenddessen gar nicht bewusst, wieviel Zeit drauf gegangen ist: die besondere Nahrungszubereitung, die Sportpläne, die vielen Gedanken darüber, was sich andere Menschen denken, die Gedanken, was ich anziehen darf, die Träume, was ich gerne essen würde und die Regeln, was ich nicht mehr essen darf, die sich im Kreise drehende Frage wieso gerade ich einen Körper haben muss, der nicht von selbst schlank ist – wieso das Leben mich so straft, wieso ich es nicht schaffe mit dem Brechen aufzuhören, wieso ich nicht einfach diszipliniert sein kann. Eigentlich war das ein Vollzeitjob und ich bin verwundert, wieviel ich „nebenbei“ in meinem Leben trotzdem noch geschafft habe. Ich hab immer noch viele Gedanken in meinem Kopf, aber die Themen sind deutlich vielfältiger, die Dringlichkeit hat deutlich abgenommen und mich beschäftigen ganz andere Dinge. Mein Leben ist leichter, zukunftsbejahender geworden. Das ist für mich Freiheit – Freiheit im Kopf, im Leben und auch Freiheit für meinen Körper – der endlich bekommt was er braucht. 


2. Der Genuss meiner Weiblichkeit


„Du bist mehr wie ein Mann und das ist ein Kompliment“ – das sagt der Arbeitskollege, der neben mir sitzt, nach 3 Monaten Zusammenarbeit mit mir. Ich freue mich! Richtig! Denn wer will schon eine „typische“ Frau sein – mit Zickereien, Stimmungsschwankungen und oberflächlichen Klatsch-Tendenzen? So habe ich wirklich gedacht. Und ich kann es mir nicht mal vorwerfen – denn so wurde ich sozialisiert. Ich bin damit aufgewachsen, dass „du pussy“ ein Schimpfwort ist, das man nicht werfen soll wie ein Mädchen, egal ob man eines ist oder nicht. 

 

Weiblichkeit und ein Gefühl dafür, was es wirklich bedeutet, eine Frau zu sein (gerade mit dieser Sozialisation) ist etwas, das ich mir durch viel Lesen, Spüren, Schauen, Austauschen und Erfahren zurückgeholt habe. Denn eine Frau sein, ist soooo viel mehr als Worte sagen können. Und die typische Frau – die gibt es nicht, ist sie doch zur Abschreckung gedacht – und zeigt den Stellenwert des Weiblichen in unserer Gesellschaft auf.

 

Es freut mich, dass im Bereich Frauengesundheit und Weiblichkeit viel im Umbruch ist. Auch wenn ich finde, dass die Bilder von Weiblichkeit immer noch viel weiter und unterschiedlicher werden dürfen.

  • Ich genieße es, einen Zyklus zu haben und zu kennen.
  • Ich genieße es, so viele verschiedene Energien in mir zu tragen.
  • Ich genieße es, so nah am Leben dran zu sein.
  • Ich genieße es, eine reiche Innenwelt zu haben.
  • Ich genieße es, dass ich das Leben intensiv über meinen Körper erfahren darf. Und das geht direkt über in Punkt 3.  

3. Körpergefühl, mich selber spüren


„Spüre deine Füße auf dem Boden“, „Was sagt deine innere Stimme?“, „Spüre in dich hinein“ – Sätze, die mich früher in helle Panik versetzt haben. Vor allem dann, wenn sie in einer Gruppe öffentlich beantwortet werden sollten, habe ich mich förmlich in mir selbst versteckt, meine nassen klammen Hände unter meinen Po geschoben und überlegt ob ich heimlich den Raum verlassen könnte. Meistens war ich nach Menschen dran, die nach einer inneren Reise Dinge erzählt haben, die aus meinen wirrsten Träumen stammen konnten. Was sollte ich erzählen? Das ich NICHTS gespürt habe, das ich meine Körperteile NICHT einfach so bewusst spüren kann, dass ich meine innere Stimme NICHT höre (und auch noch nie gehört habe)?

 

Es hat lange gedauert, bis ich mich wirklich selbst gespürt habe und es ist nicht so esoterik-spooky wie ich immer dachte, dass es sein würde. Und meine innere Stimme ist immer noch keine Leuchtreklame, die eskaliert sobald ich in mich hineinhorche. Es ist ein sanftes Ziehen in mir, ein klares Wissen, ein kurzes Bauchgefühl. Ich spüre meine Körperteile, ich kann Hunger, Gusto und Durst unterscheiden. Ich genieße es, mich selber zu spüren. Durch das mich selbst spüren ist mein Leben lebendiger, bunter und sinnlicher geworden. Und darauf würde ich keinesfalls wieder verzichten wollen. 


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