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Essen, Weiblichkeit und viele Fragen

Ich kann gar nicht sagen, dass ich Weiblichkeit oder eine Frau zu sein direkt abgelehnt habe – das Thema war einfach nicht in meinem Universum als Thema vorhanden. Was ich aber definitiv abgelehnt habe, waren alle möglichen Frauenkörper, teilweise habe ich sehr gemein über mir nahestehende Frauen gedacht, die dem Ideal nicht entsprochen haben.

 

Obwohl ich viel über die Entstehung meiner Essstörung mit 13 Jahren im Zusammenhang mit meiner Pubertät nachgedacht habe, hat es doch noch fast 20 Jahre gedauert bis ich begonnen habe, mich dem Thema zu widmen.

 

Wenn ich so zurück denke, habe ich mich meistens „weiblich gefühlt“, wenn ich Röcke oder Kleider anhatte, einen Partner hatte oder von jemandem sexuell begehrt wurde. Doch dann habe ich, Schritt für Schritt, einen Zugang und eine Verbindung zu den Themen Weiblichkeit, Femininität, Körperweisheit, Embodiment, Lust, Essen und Körperform gefunden. Einen Zugang, der es auch nicht in allen Bereichen leichter macht - denn mir fällt immer wieder auf – wenn ich mich zu lustvoll gebe, meinen Körper zu sehr genieße, dann stößt das anderen auf. Und da geht es nicht um ein Verhalten wie „aufreizend“ tanzen (was nebenbei bemerkt völlig in Ordnung ist, ich selbst liebe es, mich lustvoll zu bewegen) sondern da reicht oft schon eine völlige innere Verbundenheit, eine tiefe, lebendige, intensive Bindung zu meinem Körper, die wahrgenommen (und abgelehnt) wird.

 

Für mich ist Femininität so viel mehr als nur Röcke, lange Haare, roter Lippenstift oder Fingernägel im Aussen und Sanftheit, Weichheit und Fließen im Innen (auch wenn das alles dazugehört) und ich denke, dass es für ganz viele Frauen mehr ist. Es gehört Wut dazu, Krallenenergie, Sexualität, Explodieren, Wildheit auf der anderen Seite und eine Million Facetten und Dinge mehr dazwischen.

 

Wenn Frauen* sich auf die Suche nach ihrer Weiblichkeit machen, dann geht es oft darum, die maskulinen und die femininen Energien in Einklang zu bringen. Aber ist die Suche nach DER Weiblichkeit nicht oft wieder der Versuch, sich in ein Bild zu pressen? Sollte es nicht eher um die Suche nach der eigenen Individualität gehen, nach der eigenen Balance?

 

Doch wie kann das in einer Welt aussehen, die stark „anders“ geprägt ist. Viele Wege, die ich selbst gehe, die ich sehe und die bei mir auftauchen sind feminine Wege aus Maskulinität heraus oder in Maskulinität gehüllt oder von Maskulinität abgeleitet. Ich beschäftige mich gedanklich gerne mit Spielereien und ich frage mich immer mehr: wie würde DAS oder JENES eigentlich rein aus einer femininen Entstehung heraus aussehen? Wie würde es in absoluter Balance aussehen? Wie würde es sich anfühlen? Was würde es mit der Welt im Ganzen machen?

Entmutigen tun mich diese Gedanken nicht, denn ich sehe überall Kreativität erblühen, ich sehe Veränderungen und ich bin davon überzeugt, dass hier komplett neue Herangehensweisen kommen werden. Dazu braucht es Geduld, Wagemut und das bewusste Beschäftigen mit den Themen, für die wir wirklich brennen.

 

 

Ob ich dazu auch etwas beisteuern werde? Ich hoffe es sehr und im Endeffekt, wenn man es sieht wie einen Stein, der ins Wasser geworfen wird – man weiß doch nie, welche Wellenbewegung wo man damit auslöst. Welche Wellen möchtest du auslösen?

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